Die „Qual der Wahl“ in der vierten Klasse. Das beschreibt die Auswahl an weiterführenden Schularten in Baden-Württemberg ganz gut. 19 öffentliche Schulen vier verschiedener Schularten gibt’s in Freiburg. Über allem schweben viele Fragezeichen und große Ungewissheit. Wofür sollen wir uns für unser Kind entscheiden? Tun wir das richtige? Und was, wenn es nicht das richtige ist?
Darum drehte sich ein Informationsabend, den der Gesamtelternbeirat am 18. Februar organisierte. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus der Freiburger Schul- und Bildungslandschaft ging es eineinhalb Stunden um weiterführende Schularten in Baden-Württemberg. Und ganz speziell um die Optionen in Freiburg.
Werkrealschule, Realschule, Gemeinschaftsschule, Gesamtschule oder Gymnasium. Die Auswahl ist verwirrend groß. Über allem schwebt für Eltern bereits jetzt bei der Entscheidung in Klasse 4 der mögliche Abschluss. Dabei gehen die meisten Eltern mit einem nur begrenzten Wissen an die Sache heran und vermischen die Optionen im Jahr 2022 mit eigenen Erfahrungen aus der Vergangenheit, obwohl sich viel geändert hat.
Die Entscheidung zwischen 4. und 5. Klasse kommt zu früh, da sind sich die meisten einig – Eltern wie Expert*innen. Doch die Wahl der weiterführenden Schularten in Baden-Württemberg ist eben genau eines nicht: Eine Entscheidung über den erzielbaren Schulabschluss. Denn das Schulsystem ist durchlässig und es gibt zahlreiche Möglichkeiten abzubiegen und zu wechseln. Eltern sollten sich auf das Kind im Hier und Jetzt konzentrieren: Seine Möglichkeiten, seine Vorlieben, seine Stärken und Schwächen und die richtige Schulart danach wählen.
Ein unguter Trend in den letzten Jahren sei der Ansatz, die 5. Klasse als eine Art Probejahr zu betrachten. Viele Eltern versuchten es zum Beispiel am Gymnasium, obwohl die Grundschulempfehlung etwas anderes geraten habe. Martin Rupp, geschäftsführender Schulleiter der Gymnasien appellierte daher an die Eltern, genau dies nicht zu tun. Sein Kollege der Sekundarstufe 1 bekräftigte, dass dies zu Schwierigkeiten führen würde. Ein Wechsel in Klasse 5 oder 6 sei zwar theoretisch möglich, so Hans-Jürgen Muri, aber eben nur im Rahmen der verfügbaren Plätze. Besser sei eine Wahl entsprechend der Empfehlung, um dann – nach Klasse 7, 9 oder 10, den Weg eines berufsbildenden Gymnasiums zu wählen. Das komme oftmals den Kindern zugute, die erst mit 13 oder 15 Jahren die Leistungs- und Lernbereitschaft entwickelt hätten, um am Gymnasium mitzuhalten.
Silke Donnermeyer, Leiterin des Amts für Schule und Bildung, appellierte an die Eltern, die Grundschulempfehlung ernst zu nehmen. „Die Grundschul-Lehrerinnen – meistens sind es ja Lehrerinnen – kennen ihr Kind am besten und können das sehr gut einschätzen,“ so Donnermeyer. Sie verwies auch auf das Beratungs-Angebot des Wegweiser Bildung, dessen Leiterin ebenfalls in der Runde war. Elke Scheffelt betonte die Wichtigkeit einer Kind-zentrierten Entscheidung: „Was für die große Schwester richtig war, muss nicht für den kleinen Bruder richtig sein.“ Als umfassende Informationsquelle verwies sie für die Wahl der weiterführenden Schulart in Baden-Württemberg auf die Website „Freiburger Lupe“. Hier werden die zahlreichen Abzweigungen und Bildungswege interaktiv dargestellt, um das richtige und passende ausfindig zu machen.
Eine Lanze für einen Bildungsweg mit beruflicher Ausbildung statt Abitur brach auch Eva Röhrich. Die stellvertretende Schulleiterin der Albert-Schweitzer-Schule 2 stellte die Werkrealschulen vor. Sie betonte die Option für den mittleren Bildungsabschluss nach Klasse 10 und die zahlreichen Optionen, ins berufliche Schulsystem zu wechseln und eng verzahnt mit Ausbildungsbetrieben den weiteren Weg zu gehen. Eberhard Fritz als geschäftsführender Schulleiter der berufsbildenden Schulen stellte diese vielfältigen Optionen dar. Von der dualen Ausbildung nach dem mittleren Schulabschluss bis zu den zahlreichen Profilen der beruflichen Gymnasien ist diese Schulart breit aufgestellt und bietet – gerade in Freiburg – zahlreiche Möglichkeiten.
Eine Option darunter bietet sogar G9 an und ist nach wie vor wenig bekannt: Nach der Unterstufe an Realschule oder Gymnasium bieten ein Wirtschafts- und ein Technisches Gymnasium in Freiburg den 6-jährigen Bildungsweg an beruflichen Gymnasien an. Dies bietet nach drei Jahren an der zunächst adäquaten weiterführenden Schule einen Wechsel auf den dann insgesamt neunjährigen Weg zur allgemeinen Hochschulreife.
Weitere G9-Wege bieten das Wentzinger-Gymnasium und die Staudinger-Gesamtschule, während alle anderen öffentlichen Gymnasien in Freiburg G8 anbieten. Insbesondere die „Staudi“ wurde dann auch noch von Schulleiter Martin Baumgarten vorgestellt. Sie bieten gemeinsames Lernen in verschiedenen Niveaus bis einschließlich Klasse 8 und danach eine Differenzierung auf die möglichen Schulabschlüsse an.
„Die Freiburger Bildungslandschaft ist quasi vollständig,“ merkte Silke Donnermeyer an. Neben dem umfangreichen Angebot (19 Schulen ab Klasse 5 stehen zur Wahl) hob sie als Besonderheiten die Staudinger-Gesamtschule als eine von nur drei Gesamtschulen in Baden-Württemberg, sowie das deutsch-französische Gymnasium als eines von nur drei deutschlandweit hervor. Zwar habe sie Verständnis für die Unsicherheiten auf Elternseite ob dieser Auswahl, warb aber gerade im Hinblick auf die Vollständigkeit des Angebots in der Stadt dafür, sich auf die Möglichkeiten eines eventuell notwendigen Wechsels der Schulart im Laufe der Schulzeit einzulassen. Denn darin waren sich alle Expert*innen des Abends einig:
Eine Schulart-Wahl, die das Kind gleich zu Beginn der weiterführenden Schule überfordert, ist keine gute Wahl.
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