So groß war das Interesse an einer im Freiburger Gemeinderat anstehenden Entscheidung vermutlich schon lange nicht mehr. Die Vorschläge der Stadtverwaltung zur Zukunft beim warmen Schul-Mittagessen (zunächst für Grundschulen) schlugen hohe Wellen. Bundesweit. Natürlich haben wir unsere Hausaufgaben gemacht und nach der Erst-Beratung im Ausschuss für Schulen und Weiterbildung am 22. September zum Schulessen eine Stellungnahme und Vorschläge erarbeitet. Viel gesprochen mit den meisten Fraktionen und dem Amt für Schule und Bildung haben wir natürlich auch. Und von BZ bis BamS und SWR bis RTL gab es auch einiges zu tun.
Vordergründig scheint es um die Frage zu gehen, ob an Freiburger Schulen künftig nur noch Spaghetti Napoli, oder auch Spaghetti Bolognese auf den Tisch kommt. Die Frage, ob es zum Schul-Mittagessen auch Fleisch geben, oder ob es rein vegetarisch sein soll, ist aber gar nicht der Kern des Problems. Verkürzt man die geplante Änderung jedoch auf dieses Thema, denkt man: „Was soll die ganze Aufregung denn?“
In Wahrheit geht es um insgesamt vier Änderungen, die im Paket beschlossen werden sollen:
Warum man das alles anpacken möchte, macht die Verwaltungsvorlage relativ deutlich. Die Stadtkasse muss entlastet werden. Denn was viele Eltern nicht wissen: Die 3,90 € Elternbeitrag, die (seit vielen Jahren unverändert) ein Schulmittagessen kostet, decken natürlich nicht die tatsächlichen Kosten. Über eine halbe Million Euro hat die Stadt im letzten vollen Vor-Corona-Jahr zugeschossen.
Gut investiertes Geld, finden wir. Freiwillige Leistung, die nirgendwo festgeschrieben steht, finden andere. Die Anzahl der konsumierten Schul-Mittagessen sollen laut Prognose steigen, die Kosten steigen bereits jetzt. Bleibt es also bei 3,90 € Elternbeitrag, müsste die Stadt nach einer Hochrechnung bereits nächstes Jahr 780.000 € zuschießen.
Daher hat die Stadtverwaltung ein Konzept zur Änderung des Schulessens vorgeschlagen. Ziel ist, die Kosten einzudämmen. Allerdings nur die Kosten für den öffentlichen Haushalt, nicht die Kosten für die Privathaushalte.
Die Idee:
Das alles spart Geld. Wieviel genau welche Maßnahme einspart, das sagt die Beschlussvorlage nicht. Und weil das alles offenbar noch etwas vage ist, gibt es vorsichtshalber auch eine Erhöhung des Elternbeitrags. Um fast ein Viertel zwischen Juli 2023 und September 2024, also von aktuell 3,90 € auf dann 4,80 €.
Neben der fehlenden Aufschlüsselung der genauen Einspar-Potentiale lässt die Beschlussvorlage aber noch weitere Fragen offen. Und sie hat den GemeinderätInnen, die ja entscheiden müssen, auch einige Informationen vorenthalten. Zahlreiche Fraktionen und Mitglieder des Gemeinderats haben dies seither durch Rückfragen zum Ausdruck gebracht.
* Familiendeckung bedeutet die gemeinsame Einnahme des Essens in Kleingruppen am gedeckten Tisch; das Essen steht in Schüsseln/auf Platten in der Mitte; man schöpft gemeinsam selber.
Basierend auf den Ergebnissen unserer großen Umfrage zum Freiburger Schulessen und nach einem Treffen der Grundschul-Elternbeiräte zu diesem Thema haben wir folgende Kompromissvorschläge erarbeitet:
Es gibt Grundschulen, an denen
Alle Anstrengungen der Verwaltung sollte man dahingehend kanalisieren, dass erstmal überall Kinder essen können. Danach sollten alle Grundschulen in Familiendeckung essen können. Und dann kann man sich über den Rest Gedanken machen.
Solange die Kinder nicht die Chance haben, am Tisch beim vorhandenen Essen den persönlichen Vorlieben beim Schöpfen Rechnung zu tragen, muss eine Auswahl zwischen zwei Gerichten bleiben. Das Totschlag-Argument „zu Hause gibt’s ja auch nur ein Gericht“ ist nicht valide: Wer zu Hause kocht, berücksichtigt Vorlieben und Geschmäcker der Essenden bei Auswahl und Zubereitung.
Wir können uns sowohl die Streichung des Fleischs vorstellen (das geht auch bei zwei Menülinien) als auch eine optionale Fleischbeilage zum vegetarischen Gericht (z.B. einmal wöchentlich). Auch ein höherer Preis für die fleischhaltige Menülinie kann eine Option darstellen.
Zwar waren zahlreiche Eltern in unserer Umfrage bereit mehr fürs Schulessen zu zahlen. Allerdings nur unter der Bedingung, dass das Schulessen dann auch eher ihren Wünschen entspräche. Und gewünscht haben sich die meisten vor allem mehr, nicht weniger Auswahl.Deshalb sollte man bei der Gestaltung des Elternbeitrags…
Am Dienstag, 18. Oktober entscheidet der Gemeinderat nach aktueller Tagesordnung über den Vorschlag. Die Fraktionen haben nahezu alle bisher reagiert:
Wir hoffen, dass sich eine Mehrheit des Gemeinderats darauf verständigt, die Entscheidung aufzuschieben. Es erscheint uns mehr als möglich, dass man in gemeinsamer Erarbeitung einen guten Kompromissvorschlag finden kann. Umstellung auf vegetarisch, nur noch ein Essen bei Familiendeckung und eine Preisanpassung mit mehr Augenmaß ist greifbar.
Bleibt alles, wie es ist, befürchten wir, dass künftig weniger Kinder am warmen Schulmittagessen teilnehmen werden. Wegen fehlender Auswahl und höheren Preisen. Unser gemeinsames Ziel sollte aber das Gegenteil sein!
Wichtig ist uns außerdem, dass Eltern und SchülerInnen mitwirken. Der Freiburger Schülerrat ist wieder aktiv und wir haben uns diese Woche zu einem ersten Austausch getroffen. Schul-Bürgermeisterin Christine Buchheit schreibt in ihrer Antwort an die CDU-Fraktion: „Die Schulen sind nicht mit der Organisation des Schulessens befasst, die Schulleitungen und die Kollegien werden davon durch den Schulträger entlastet und können sich auf ihre pädagogischen Aufgaben konzentrieren.“ Eine korrekte Aussage, die allerdings so gar nicht dazu passt, dass zwischen der Einbindung der geschäftsführenden Schulleitungen in die Konzepterstellung und der erstmaligen Information des Gesamtelternbeirats über das bereits fertige Konzept satte acht Wochen lagen. Wir denken nämlich:
„Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.“
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