In nur sechs Tagen knapp 2600 Unterschriften: Eltern von fast 4200 Freiburger Schülerinnen und Schülern haben an der virtuellen Unterschriftenaktion „Reine Luft statt kalte Schulen“ des GEB-S Freiburg teilgenommen. Mit diesem Rückenwind als breite Unterstützung für Infektionssicherheit ging der Gesamtelternbeirat in ein Gespräch mit Schulbürgermeisterin Christine Buchheit am Mittwochabend, 14. Juli.
Der Termin war der erste Kontakt mit der Stadtverwaltung auf ein Schreiben, das die Elternvertretung aller Freiburger Schulen bereits am 24. Juni an die Stadtverwaltung gerichtet hatte. Adressiert war es an Oberbürgermeister Martin Horn und die betroffenen Dezernatsleitungen um Christine Buchheit (Schulen), Martin Haag (Bauen) und Stefan Breiter (Finanzen).
Während zum Zeitpunkt des Schreibens nur ein Bundesförderprogramm über bis zu 80% für fest installierte Lüftungsanlagen (sogenannte RLT) im Raum stand, haben sich inzwischen weitere Fördertöpfe aufgetan:
Eine breite Unterstützung für Infektionssicherheit durch Luftfiltergeräte von Umweltbundesamt über Bundes-Gesundheitsministerium bis hin zu Forschungsteams spricht sich für deren Einsatz in Klassenzimmern aus. Sie sollten als ergänzende Maßnahme die Infektionsgefahr im Präsenzunterricht senken helfen.
Die Stadt Stuttgart hat eine Studie in Auftrag gegeben, um die Wirksamkeit verschiedener Maßnahmen zur Luftreinigung in Klassenzimmern zu untersuchen. Auf diese Studie beziehen sich der baden-württembergische Städtetag und die Kommunen. Die Zusammenfassung der Studie ist dabei recht zurückhaltend, was den Einsatz und die Wirksamkeit von Luftfiltergeräten anbelangt und listet Kosten, Lärmbelästigung und fehlenden Luftaustausch als Negativa auf. Liest man die Studie jedoch im Detail, sieht das Bild etwas anders aus:
Während die Studie noch die ein oder andere weitere Frage aufwirft, macht sie im Detail aber durchaus interessante Aussagen:
Der Einsatz von Luftreinigungsgeräten in Kombination mit Fensterlüftung wirkt sich positiv auf das Infektionsgeschehen aus. […] Meist sind sie [die Luftreinigungsgeräte] dabei wirksamer als die Stoßlüftung [Hervorhebung durch uns]. Siebler Lukas et al, 05.07.2021: „Pilotprojekt: Experimentelle Untersuchung zum Infektionsrisiko in Klassenräumen in Stuttgarter Schulen“, S. 77
Der Einsatz von Luftreinigungsgeräten in Kombination mit Fensterlüftung wirkt sich positiv auf das Infektionsgeschehen aus. […] Meist sind sie [die Luftreinigungsgeräte] dabei wirksamer als die Stoßlüftung [Hervorhebung durch uns].
Auch die oft angeführte Lärmbelästigung relativiert die Langversion der Studie:
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Luftreinigungsgeräte von SchülerInnen und LehrerInnen weitestgehend akzeptiert werden. Die Akustik wurde als weniger kritisch beurteilt, als nach VDI 2081 [Richtlinie zur Geräuscherzeugung und Lärmminderung bei Raumlufttechnik] angenommen.Siebler Lukas et al, 05.07.2021: „Pilotprojekt: Experimentelle Untersuchung zum Infektionsrisiko in Klassenräumen in Stuttgarter Schulen“, S. 72
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Luftreinigungsgeräte von SchülerInnen und LehrerInnen weitestgehend akzeptiert werden. Die Akustik wurde als weniger kritisch beurteilt, als nach VDI 2081 [Richtlinie zur Geräuscherzeugung und Lärmminderung bei Raumlufttechnik] angenommen.
Lässt man all diese Details des insgesamt 200 Seiten starken Abschlussberichts der Stuttgarter Untersuchung auf sich wirken, ist es zumindest kurios, wieso die Kurzfassung Luftreiniger in ein eher negatives Licht rückt. Es scheint fast, als sei die Kurzversion von anderen AutorInnen verfasst als der Abschlussbericht selbst.
Als Interessensvertretung der kommunalen Schulträger sind eigentlich nur die Städtetage konsequent gegen eine umfassende Ausstattung der Klassenzimmer mit Schutzmaßnahmen. Richtig ist: Fest installierte Anlagen sind meist hochpreisig und bedürfen einer intensiven Planung; auch der Einbau ist nicht trivial. Richtig ist aber auch: Mobile Luftfilter schließen die zeitliche Lücke bis zum bedarfsgerechten Einbau solcher RLT und sind, wie die Stuttgarter Studie zeigt, hocheffektiv.Natürlich können Kommunen diese großen Investitionen nicht alleine schultern. Mit den verschiedenen Förderprogrammen sind nun aber Finanzhilfen im Angebot, die es zu nutzen gilt.
Für ElternvertreterInnen ist klar: Ein erneuter Winter mit ausgekühlten Klassenzimmern aufgrund permanenter Lüftung kann nicht im Interesse einer Rückkehr zur Normalität für die Schülerinnen und Schüler sein. Nach zwei einigermaßen verkorksten Schuljahren sind es nun die Kinder, denen unser volles Augenmerk gelten muss. Fehlende Impfstoffe für die Kinder unter 12 Jahren und eine fehlende Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission für jene über 12 Jahren zeigen deutlich, dass Schulkindern im kommenden Schuljahr das besondere Augenmerk staatlichen Handelns gelten muss. Der Schutz, den diese Gruppe in den vergangenen 16 Monaten durch starke Einschränkungen ihres Alltags den Älteren geboten haben, muss nun auch ihnen zuteilwerden. Eine breite Unterstützung für Infektionssicherheit an Schulen muss daher oberstes Ziel sein.
Wir bleiben als Gesamtelternbeirat Freiburger Schulen bei unserer Forderung, die Jüngsten nicht nur zu schützen, sondern ihren Schulalltag auch so angenehm und normal wie möglich zu gestalten. Niemand fordert Luftfilter statt Lüften. Aber es gibt Geräte, die das Infektionsrisiko signifikant senken, somit Kinder-Quarantänen reduzieren und daher Präsenzschulbetrieb ermöglichen. Dann sollte über diese Investition für unsere Gesellschaft eigentlich nicht diskutiert werden. Das sollten uns unsere Kinder wert sein.
Wir freuen uns auf die schriftliche Stellungnahme der Stadtverwaltung zu unserem Schreiben vom 26. Juni und sind nach wie vor zuversichtlich, dass sich die Stadt Freiburg ihrer Verantwortung für sichere Schulräume bewusst ist. Ein Übergabetermin für die gesammelten Unterschriften ist in Abstimmung. (Update: Der Übergabetermin steht fest – 27. Juli 2021!)
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